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Produktion mit adaptiver Fertigungssteuerung optimieren

22.07.2020 - ERP, MES, Industrie 4.0

Quelle: iStock.com
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Mit der digitalen Transformation wird es für produzierende Unternehmen noch wichtiger schneller, effizienter und intelligenter als die Konkurrenz zu sein. Wer dem Wettbewerb den entscheidenden Schritt voraus sein will, muss besser planen als die Mitbewerber und sich immer wieder neu an die Marktgegebenheiten anpassen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt daher in Zukunft in einer adaptiven Planung und Regelung der Produktionsprozesse.

Wenn es um intelligentere und bessere Planung geht, stehen aktuell Systeme für Advanced Planning & Scheduling (APS) im Fokus. Richtig umgesetzt realisieren APS-Systeme beeindruckende Resultate, doch lohnt sich ein solches Planungstool für Ihr Unternehmen? Im Artikel blicken wir auf die Möglichkeiten und Herausforderungen von adaptiven Planungstools.

Für welche Unternehmen lohnen sich die adaptiven Lösungen?

Grundsätzlich sind adaptive Lösungen für alle Unternehmen mit diskreter Fertigung interessant. Die komplette Bandbreite der Fertigungsindustrie, von der Massen- bis zur Einzelfertigung und vom Automobilzulieferer bis zum Anlagenbauer, kann von adaptiven Lösungen profitieren.

Speziell wenn Unternehmen aus einem oder mehreren Einzelkomponenten ein Produkt zusammenbauen und mit (wachsenden) Stückliste und Teilen bzw. Baugruppen arbeiten, sollten Sie über eine Investition in die intelligentere Planung nachdenken. Beispiele wären etwa:

  • Klassische Teilefertigung mit Montageprozessen wie Vormontage/Endmontage
  • Massenfertigung in Automotive und Serienfertigung
  • Getaktete Montagelinien
  • Variantenreiche Einzelfertigung

Die Unternehmensgröße ist dabei prinzipiell irrelevant, denn sowohl kleine und mittelständische Unternehmen als auch Großkonzerne heben mit adaptiven Tools große Optimierungspotenziale.

Nicht geeignet ist die adaptive Fertigungssteuerung dagegen für die Prozessindustrie, wie sie etwa in der Fließfertigung für Metalle Anwendung findet. Hier existieren andere Optimierungsmöglichkeiten.

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Welche Mehrwerte haben Unternehmen mit adaptiven Regelungskomponenten?

Adaptive Softwarelösungen können viele verschiedene Optimierungsziele erreichen und durchsetzen. Das System passt sich dabei eigenständig auf veränderte Rahmenbedingungen im Markt und in der Auftragslage an. Dafür werden die Fertigungsnetze kontinuierlich ideal ausgerichtet und beispielsweise die Materialplanung automatisch angepasst.  Unternehmen müssen individuell für sich entscheiden, welche Problemstellungen sie adressieren und welche Bereiche sie optimieren möchten.

Denkbar ist dabei grundsätzlich die Spanne von einfachen Ergänzungen des ERP-Systems über ein selbstlernendes System bis hin zum Echtzeitsystem, das sich komplett selbst intelligent regelt.

Konkrete Mehrwerte lassen sich in folgenden Bereichen realisieren:

  • Mehr Effizienz in der Fertigung

    Durch eine lernende und intelligente Reihenfolgeplanung und eine dynamische Anpassung der Fertigungssteuerung bei sich ändernden Rahmenbedingungen und Parametern wird die Produktion optimiert. Die Folge: Die Produktion wird optimal ausgelastet und die Prozesskosten werden massiv gesenkt.

  • Kapitalbindung reduzieren & Liquidität schonen

    Durch Bestandsoptimierung können die Kosten für die Lagerhaltung gesenkt werden und das WIP (Werkstattbestand) reduziert werden. Gleichzeitig wird durch eine optimierte Planung die Liquidität geschont.

  • Engpässe vermeiden und auflösen

    Finden Sie das schwächste Glied der Kette! Mit einem Engpassmanagement können Engpässe visualisiert und automatisch aufgelöst werden. Eine optimierte Prozesskette sorgt für einen höheren Durchlauf, vermeidet Verzüge und ermöglicht das Erreichen von Produktionszielen.

  • Erhöhung der Transparenz im ERP System

    Mit einer adaptiven Lösung behalten Sie jederzeit den Überblick über die Planungssituation. Dies ermöglicht Planern  bei sich abzeichnende Problemen früh einzugreifen und Fehler proaktiv zu vermeiden.

  • Realistische Lieferterminermittlung

    Durch die Berechnung des frühestmöglichen Liefertermins können Sie realistische Aussagen über die Lieferbereitschaft treffen. Dies wiederum ermöglicht eine höhere Liefertreue und vermeidet Strafzahlungen.

Wie wirken adaptive Lösungen in der Praxis?

Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen vor der Einführung schaffen?

Die konsequente Digitalisierung von Prozessen ist eine Grundvoraussetzung für die adaptive Regelung der Produktion. Damit muss ein ERP-System als Backbone digitaler Abläufe zwingend vorhanden sein. Optimierungen sind nur möglich, wenn ein Zeitmodell mitsamt entsprechend aufbereiteten Grunddaten vorhanden ist. In der Praxis bedeutet dies das Vorhandensein von Arbeitspläne und (mehrstufigen) Stücklisten, die in Fertigungslisten überführt werden und dann in eine sinnige Reihenfolge gebracht werden können.

Falls diese Voraussetzungen nicht vorhanden sind, können diese mit eingeführt werden. Umso komplexer ein Projekt ist, umso mehr Faktoren gilt es bei der Einführung jedoch im Blick zu behalten.

Was ist bei der Einführung zu beachten?

Bei der Einführung adaptiver Lösungen beobachten wir immer wieder drei Problematiken. Zwei betreffen dabei die IT, die anderen den Menschen:

  • Anpassungen im ERP-System Individuelle

    Anpassungen des ERP-Systems können zu Problemen bei der Einführungen adaptiver Regelungskomponenten führen, denn ein stabiles Werteflussmodell ist zwingend erforderlich. Anpassungen müssen dann im Detail betrachtet und ggf. entsprechend verändert werden.

  • Mangelhaftes Change Management

    Ein altes Sprichwort besagt: Prozesse umstellen ist einfach, die Mitarbeiter abzuholen ist die wahre Herausforderung. Damit dies gelingt müssen psychologische Hemmschwellen adressiert werden. Adaptive Lösungen  betreffen fast alle Prozesse eines Unternehmens, umso wahrscheinlicher sind Anpassungsprobleme. Manche alteingesessene Mitarbeiter werden ggf. verunsichert und schwer zu überzeugen sein. Doch Verunsicherungen sollten nur als erster Schritt in einem Prozess angesehen werden, der mit Hilfe konkreter Erklärungen und Hilfestellungen wieso es richtig ist, anders zu arbeiten, überwunden werden kann.

  • Nachpflege von Grunddaten

    Während früher das Sichten und Anpassen aller Grunddaten einen großen und mühsamen Teil der Projektaufwände bedeutete, ist heute ein agiles Vorgehen möglich. Dabei stehen die relevanten, wichtigen Prozessen am Anfang. Die Ist-Daten im Produktionsbereich werden mit Hilfe eines digitalen Schattens ausgewertet und mit dem ERP synchronisiert. Agil ist dieses Vorgehen, da in iterativen Schritten darauf geblickt wird, was an den Grunddaten verbessert werden muss und ggf. neu justiert wird. Agile Einführungen sparen daher Zeit, Nerven und Geld.

Digitaler Schatten

Die technologische Basis für adaptive Lösungen ist der digitale Schatten. Der digitale Schatten verdichtet und historisiert alle wesentlichen Daten für die Produktionssteuerung in kompakten, auswertungsfähigen Tabellen. Er ist ein gröberes Abbild der Realität im Sinne einer hinreichend genauen, datentechnischen Entsprechung des Status aller Aufträge und Vorgänge. Durch die Vereinfachung sind Simulationen und Szenarien sehr schnell rechenbar (zunehmend echtzeitnah).

Diese komprimierten Daten können analysiert und zur Weiterverarbeitung an andere Systeme weitergegeben werden. Mittels Simulationen – etwa die Auswirkungen von begrenzten Kapazitäten – können jederzeit Aussagen über den aktuellen und künftigen Zustand des ERP-Systems und die Fertigung getroffen werden.

Wieso ist eine mit dem ERP integrierte APS-Lösung sinnvoll?

Bei vielen APS-Lösungen handelt es sich um eine Ergänzung zum ERP-System; sie werden per Schnittstelle angedockt. Adaptive Module gehen jedoch einen Schritt weiter, denn es handelt sich um mit dem ERP-System vollintegrierte Lösungen. Diese einzigartige Lösung führt die notwendigen Berechnungen direkt im System aus und greift dabei auf einheitliche Datenbasis zurück. Schnittstellen entfallen komplett.

Darüber hinaus vermeiden integrierte, adaptive Lösungen Inkompatibilitäten, denn Weiterentwicklungen erfolgen einheitlich.

Autor: Felix Saran

Michael Habat, PSI Automotive & Industry

Michael Habat

Der studierte Betriebswirt wirft in seinen Beiträgen einen Rundumblick auf ERP-Systeme. Ein besonderes Anliegen sind ihm die Anforderungen von Endanwendern und die damit verbundenen Trends.

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